Ein Jahr nach Beginn dieser Pandemie hat sich der Rekrutierungsberuf insbesondere dadurch verändert, dass die Gewinnung von Personal aus der Ferne zugenommen hat, aber auch, dass es wichtig ist, über eine auf dem Markt eindeutig identifizierte Arbeitgebermarke zu verfügen.

Die Rekrutierung aus der Ferne gab es bereits in internationalen Unternehmen, wo es je nach Aufgabenstellung notwendig war, Profile in mehreren Ländern zu identifizieren und Telefoninterviews zu führen, aber heute ist der größte Teil des Prozesses digital. Diese Entwicklung wirkt sich auf den Ablauf der Einstellungen aus.

Bedürfnisse, die sich bei den Arbeitgebern ändern

Seit einem Jahr sind fast alle unsere Aufgaben entweder sehr operativ und auf “Business Development“ und “Kundenentwicklung“ ausgerichtete Stellen, oder wir suchen für Unternehmen nSpezialistenstellen in der IT, zur Steuerung der digitalen Transformationsprogramme, für das operative Finanzwesen, Regulierungsangelegenheiten, Logistik, Wartung … .

Laut zum Beispiel des neuesten französischen APEC-Barometers (Association pour l’emploi des cadres, Verband der leitenden Angestellten) haben 40% der Unternehmen 2020 Projekte zur Einstellung von Führungskräften annulliert oder verschoben. Der Trend wird im Jahr 2021 ähnlich sein, zumindest im ersten Halbjahr. Die Unternehmen, die am meisten rekrutieren, sind in folgenden Bereichen tätig:  Lebensmittelindustrie, Energiebereich, Versicherungswesen, Logistik, Baugewerbe, Gesundheit, Umweltdienstleistungen, Audit und Digitaltechnik. Der Luxussektor rekrutiert weiterhin, aber orientiert sich an Kunden, die sich auf den regionalen Bereich konzentrieren, während sie bisher international tätig waren. In anderen Ländern dürfte es endlich sein, bis auf den Luxussektor, der eine Besonderheit Frankreichs ist.

Sehr aussagekräftige Rekrutierungsanzeigen und Firmenseiten

Da die Bewerber sich daran gewöhnt haben, Telearbeit zu leisten, sind Stellenangebote von großer Bedeutung, da sie ein Mittel sind, um Bewerber zu überzeugen, sich frühzeitig zu bewerben.

Die Stellenangebote müssen mit großer Sorgfalt erstellt werden, indem sie die technischen Fähigkeiten (Hard skills) und die Soft skills betonen, die für die Auswahl und den Erfolg dieser Stelle erforderlich sind:  Zuhören können, Neugierde, Selbstdisziplin, Kommunikation, Autonomie…

Diese Stellenangebote werden auf der Website des Unternehmens auf einer gesonderten Recruiting-Unterseite, aber auch auf anderen Datenträgern wie allgemeinen oder spezialisierten Jobboards, speziellen Suchmaschinen (zum Beispiel Indeed), Social Media (zum Beispiel Linkedin) oder anderen Social Media-Kanälen (zum Beispiel Glassdoor oder Speak  &  Act) veröffentlicht.

Die eigene Webseite sowie die Firmenseiten in sozialen Netzwerken und in anderen Unterhaltungs-Onlineseiten sind nur eine von mehreren Mitteln, die Attraktivität eines Unternehmens zu erhöhen, um neue Talente zugewinnen. Dies sind Online-Räume für die Präsentation von Inhalten und den Dialog mit potenziellen Kandidaten. Die Mitarbeiter berichten über ihre Erfahrungen, den Arbeitsbedingungen, der Entlohnung und den Werten des Unternehmens. Es sind auch Räume des sozialen Engagements, die es zu berücksichtigen und zu kontrollieren gilt, aber wenn man sie zu einem Hebel der Attraktivität machen will, muss der Inhalt dieser Online-Räume mit den Werten der Gesellschaft konvergieren, um jede Form der Dissonanz zu vermeiden.

Mit Videointerviews… zu einem digitalen, umfassenden Rekrutierungsprozess

Direkte Gespräche und Interviews verschwinden nicht, aber sie werden seltener, vor allem in Zeiten der aktuellen Gesundheitskrise.

Mit der wachsenden Bedeutung von Online-Tools wie Zoom, Teams, etc. haben Videointerviews in den letzten Monaten stark zugenommen. Wir konnten feststellen, dass diese technischen Mittel einerseits vermehrt genutzt werden, um die Entfernungen zwischen dem Sitz des rekrutierenden Unternehmens und dem des Bewerbers zu überwinden. Anderseits bieten Videointerviews aber auch die Möglichkeit, diese verstärkt zur Bewerber-Registrierung, für eine bessere Analyse des Bewerbers und zum Einholen der Zustimmung des Bewerbers, seine persönlichen Daten weiterzugeben, zu verwenden. Die Mehrheit der Anwerber geht noch weiter und bevorzugt heute die digitale Rekrutierung bis zum letzten Schritt. So folgt auf die Phase des Sourcings eine Phase der telefonischen Vorqualifikation. Danach werden Videointerviews mit den Abteilungsleitern geführt und schließlich findet oft ein abschließendes Interview mit übergeordneten Abteilungsleitern des Bewerbers vor der endgültigen Auswahl statt. Einige gehen sogar so weit, ihr finanzielles Angebot über einen elektronischen Signaturprozess anzubieten. Zusätzliche Persönlichkeitstests, die Informationen über die  Motivation eines Bewerbers  und seine beziehungs- und  verhaltensorientierten  Qualitäten liefern,  erleichtern die Entscheidungsfindung bei vollständiger digitaler Rekrutierung.

Einige Arbeitgeber setzen sich weiterhin für die Einstellung nach Gesprächen von Angesicht zu Angesicht ein, vor allem, wenn es um Vertriebspositionen geht, aber dies betrifft eine Minderheit der Unternehmen unter den Beispielen, die bei unseren Kunden oder auf dem Markt beobachtet werden.

Beim Online-Bewerbungsgespräch ist Vorsicht geboten, denn die Beherrschung einer vollständigen digitalen Rekrutierung lässt sich nicht improvisieren… Man muss sich ähnlich wie in direkten Gesprächen vorbereiten:  sich in einem besonderen Raum isolieren, das Telefon abschalten und die Kamera ansehen. Es ist auch notwendig, die Verbindung von Zoom, Teams, etc. vorher gut zu testen und sich so vorzubereiten, als würde man ein direktes Bewerbungsgespräch durchführen. Die Bewerbungssoftware muss beherrscht werden, und es muss ein Workflow eingeführt werden, der die Validierung der Bewerber in jeder Phase der Einstellung erleichtert. Schließlich ist eine Tabelle mit Indikatoren für die Steuerung der Einstellungen erforderlich, um eine für jede offene Position separate Kostenrechnung durchzuführen.

Das Onboarding.

Das Onboarding zeichnet sich bekanntlich durch Maßnahmen aus, die die Integration eines neuen Arbeitnehmers in das Unternehmen fördern. Einige Aktionen werden aus der Ferne durchgeführt, wie der Austausch von Vertragsunterlagen, die Bereitstellung von Unternehmensinformationen, die Möglichkeit des Austauschs über ein soziales Netzwerk mit anderen Mitarbeitern oder Online-Spiele, um das Unternehmen besser kennenzulernen. Andere Aktionen finden weiterhin von Angesicht zu Angesicht zu, wie die Termine in den ersten Tagen nach der Ankunft des neuen Mitarbeiters, die Übergabe eines Computers oder die Bereitstellung eines Büros. Informelle Begegnungen schaffen auch notwendige Verbindungen, die für eine gute Integration unerlässlich sind.

Mit der aktuellen Gesundheitskrise wird der gesamte Onboarding-Prozess aus der Ferne durchgeführt, was es erfordert, im Vorfeld einen Integrationskalender vorzubereiten, mit Interviews, die so in Videokonferenzen stattfinden, als ob sie von Angesicht zu Angesicht stattfinden. Die Schulungsmodule können abwechselnd E-Learning-Sitzungen und von einem Ausbilder geleitete Sitzungen sein. Instant Messaging (zum Beispiel Typ Slack) oder Videoaustausch sind in einem professionellen Rahmen zu verwenden, aber der direkte menschliche Kontakt muss beibehalten werden, was auch informelle Gespräche während Videogesprächen betrifft. Die Schlüsselfaktoren für den Erfolg eines Remote-Onboarding liegen in der Vorbereitung der ersten Tage unter Vermeidung von Ausfallzeiten, der Einrichtung von wiederkehrenden (täglichen und wöchentlichen) Routinen, um die Verbindung zu halten, und auf einer ständigen Kommunikation mit den neuen Mitarbeitern, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Auch wenn dies der Fall ist, ist die Notwendigkeit häufiger Interaktionen erforderlich, um eine sofortige Rückversicherung des neuen Kollegen zu ermöglichen, Projekte in angemessener Ruhe anzugehen und/oder Forderungen an den neuen Mitarbeiter zu stellen. Tatsächlich funktioniert das Onboarding aus der Ferne in dem Maße, wie die anderen Teammitglieder ebenfalls „aus der Ferne“ mitarbeiten… und sich vor dem Hintergrund der aktuellen Gesundheitskrise in der gleichen Situation befinden wie der neue Kollege oder die neue Kollegin.

Schließlich ist die Rekrutierung unter Corona-Bedingungen auch eine Gelegenheit, eigene Prozesse neu zu definieren und zu verbessern. Im aktuellen Kontext besteht ein erfolgreicher Rekrutierungsprozess in einem gezielten Sourcing von Bewerbern, einer strengen Überwachung der Einstellungsgespräche und einem qualitativ hochwertigen Ansatz in der Phase der Vertragsvorschlags-Phase des Bewerbers.

Pierre MAURIN

Partner ALHAMBRA International

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Jean-Jacques WENDORFF

Partner ALHAMBRA International

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